T7   Die Definition der Temperatur

 
Das Themenheft 2007-3 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt PTB in Braunschweig ist ganz der Temperatur gewidmet. Im ersten Artikel dieses Heftes zeigen Peter Strehlow und Joachim Seidel, wie die Existenz der absoluten thermodynamischen Temperatur und der Entropie aus wenigen Axiomen abgeleitet werden können. Im vierten Abschnitt dieses Artikels wird dann gezeigt, dass die eben definierte thermodynamische Temperatur bis auf einen konstanten Skalenfaktor identisch ist mit der Temperatur, die mit einem Gasthermometer gemessen wird, wenn dieses Gasthermometer ein ideales Gas enthält. Damit ist die folgende, mehr praktische Definition des Temperaturbegriffs auch theoretisch legitimiert.

Unsere Definition der Temperatur basiert also auf dem Verhalten eines Idealen Gases. Man verwende eine bestimmte Menge eines Idealen Gases (praktisch verwendet man Helium bei kleinen Drücken) und messe Temperaturen gemäss

T nP · V · To / ( Po · Vo )

wobei die Referenzwerte To , Vo und Po jbeliebig gewählt werden können. In einem Helium-Gasthermometer als Primärthermometer eliminiert man zusätzlich die Volumenmessung dadurch, dass das Volumen durch Druckanpassung konstant gehalten wird:

T nP · To / Po mmmm falls  V j= jkonstant

Als Referenztemperatur To jwird die Tripelpunktstemperatur von Wasser genommen, ihr wird per Definition der Wert  273.160 K  zugewiesen. Damit ist der oben erwähnte Skalenfaktor zwischen der Gastemperatur und der absoluten thermodynamischen Temperatur festgelegt. Die Messung von Temperaturen ist auf die Messung von Drücken zurückgeführt.

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig betreibt als eine von ganz wenigen metrologischen Anstalten der ganzen Welt ein derartiges Helium-Gasthermometer als Primärthermometer. Damit werden als Referenztemperaturen allerhand Tripelpunkte und Schmelzpunkte von reinen Materialien vermessen. Diese Referenztemperaturen sind weltweit in jedem Labor leicht zu reproduzieren, und so können dann Eichkurven für einfachere Thermometer (beispielsweise Widerstandsthermometer oder Quecksilberthermometer) bestimmt werden.

Die Temperaturskala ist also praktisch durch das Gasgesetz definiert, und diese Definition lässt sich mit einem Gasthermometer im Bereich von etwa -250°C bis 1500°C auch realisieren, was metrologisch entscheidend ist. Bei höheren Temperaturen stützt man sich auf die Strahlungsgesetze ab, für tiefe Temperaturen sind auf Konferenzen Referenzwerte ausgehandelt worden, die periodisch verfeinert werden. Bei tiefen Temperaturen wird zum Beispiel das thermische Rauschen benützt, um ein Primärthermometer zu realisieren. Eine aktuelle unabhängige Primärmethode im mittleren Temperaturbereich basiert auf der Messung von Schallgeschwindigkeiten in Gasen.

Die Webseite der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig und auch das schon erwähnte Themenheft halten dazu viele Informationen bereit.

Es ist metrologisch unmöglich, die Temperatur über die mittlere Energie von Teilchen oder gar über Entropieänderungen und Wärmemengen zu definieren, da niemand weiss, wie man diese Grössen mit einer vernünftigen Genauigkeit messen könnte. Die Temperatur ist also als makroskopische Grösse bereits definiert, bevor man sie mit mikroskopischen Begriffen verknüpft und lange bevor man Änderungen der Gesamtentropie abschätzen kann. Die Temperatur ist - wie die Zeit und die Masse - eine Basisgrösse der Physik. Das bedeutet natürlich nicht, dass sie relativistisch invariant sein muss.

Und: Mit dem Begriff der Temperatur bekommt die Zeit ihre Richtung in der Physik ! Die Temperaturen zweier Körper im Wärmekontakt werden sich spontan immer nur annähern. Das thermische Gleichgewicht ist erreicht, wenn beide Körper dieselbe Temperatur haben. Die Begriffe Entropie und Wärmemenge werden dafür nicht benötigt.