K13    SRT mit Asano-Diagrammen


Erst nach der ‘Fertigstellung’ dieses Buches habe ich im Keller der Zentralbibliothek Zürich ein kleines Büchlein [47] entdeckt, in welchem die beiden Brüder Seiichi und Shiro Asano ihre “Space-Time Circular Diagrams” vorstellen. Die erste japanische Ausgabe erschien 1983, also zeitgleich mit der Originalausgabe [14] von Epstein! Die Brüder Asano liessen sich 1922 als kleine Jungen vom Rummel um Einsteins Besuch in Japan beeindrucken. Sie machten dann aber Karriere als Elektroingenieur respektive Mediziner. Nach ihrer Pensionierung beschlossen sie, sich selber und auch anderen die SRT anschaulich zu erschliessen.

Wie Epstein gehen sie von Minkowskis Gleichung  ∆τ2 = ∆t2 – ∆x2 – ∆y2 – ∆z2 aus (Zeiten und Längen sollen in gleichen Einheiten gemessen werden), unterdrücken die y-und z-Komponente und stellen die verbleibende Beziehung  ∆τ2 = ∆t2 – ∆x2 so um, dass sie als Kreisgleichung interpretiert werden kann:   ∆t2 = ∆τ2 + ∆x2 . Auch bei den Brüdern Asano ist die Gerade, auf der sich B mit konstanter Geschwindigkeit v durch die Raumzeit bewegt, von der Zeitachse eines ruhenden Beobachters A um einen Winkel φ abgekippt, für den sin(φ) = v/c gilt. Sie betrachten rechtwinklige Dreiecke, die kongruent sind zu denjenigen in den entsprechenden Epstein-Diagrammen [47-49]:






A und B sind sich in O begegnet und haben dabei beide ihre Uhren auf null gestellt. Der Sinus des Winkels AOB ist  v/c, bei B1, B2 und B3 haben wir nach dem Satz des Thales rechte Winkel.


Wenn für A die Zeit t3 verstrichen ist, welche der Strecke OA3 entspricht, dann ist für B erst die Zeit verstrichen, welche der Strecke OB3 entspricht. Zum Zeitpunkt t3 hat B die Distanz X3 = A3B3 von A. 



 

  

Die entsprechenden kongruenten rechtwinkligen Dreiecke im Epstein-Diagramm erhalten wir, wenn wir diejenigen im Asano-Diagramm an der Winkelhalbierenden des Winkels AOB spiegeln.

 

 

 

 

 

Aber auch die für die Epstein-Diagramme charakteristischen Halbkreise um O tauchen gelegentlich in den Diagrammen der Brüder Asano auf; bezeichnen dort aber nur die für A verflossenen Zeitintervalle. Die Diagramme zeigen eine Streckung mit Zentrum O und einem Streckungsfaktor, welcher der Zeit proportional ist [47-50]:

Für die Raumachsen finden die beiden Brüder aber keine glückliche Lösung. Man könnte sagen, dass sie noch zu sehr versuchen, Zeit, Raumzeit und Raum voneinander zu trennen. Die gestrichelten Kurven, die angeben, bei welcher Geschwindigkeit wann eine bestimmte Distanz (in Lichtsekunden) erreicht wird, sind schon ziemlich kompliziert:

Erkennen Sie die Punkte (6/8) und (8/6), die zum pythagoreischen Tripel (6/8/10) gehören und durch welche auch die Geraden führen würden, die zu v = 0.6·c respektive  v = 0.8·c  gehören?

Die Diagramme von Epstein sind denjenigen von Asano klar vorzuziehen, zumal sie auf ein klares, einfaches Postulat aufbauen. Es ist aber interessant zu sehen, dass ähnliche Ansätze gleichzeitig an verschiedenen Orten auftauchten. Ihren ‘Konkurrenten’ Epstein erwähnen die Brüder Asano auch in der ersten englischen Ausgabe von 1994 nicht.