I9     Gravitationswellen


Problematisch an Newtons Gravitationstheorie ist ja insbesondere die sofortige Ausbreitung des Gravitationsfeldes! Verschieben wir eine Masse schnell um ein paar Meter, dann ist die entsprechende Auswirkung sofort überall in der ganzen Milchstrasse vorhanden. In Newtons Kraftgesetz taucht ja die Zeit gar nicht auf! Verschieben wir eine Masse periodisch hin und her, so erzeugt das in beliebigen Distanzen sofort Kräfte, die eine kleine Probemasse zu Schwingungen anregen. Mit einer Änderung des Gravitationsfeldes ist also eine instantane Energie- und Informationsübertragung verbunden. Das Kausalitätsprinzip und die SRT setzen aber jeder Informationsübertragung mit der Lichtgeschwindigkeit eine obere Grenze.

Einstein hat 1918 gezeigt, dass sich Änderungen in Massenverteilungen und damit deren Auswirkungen auf die Struktur der Raumzeit gemäss ART gerade mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Zwei schnell umeinander kreisende massereiche Objekte sollten demnach Gravitationswellen aussenden, die sich mit  c  durch den  Raum fortpflanzen.

Die folgende Visualisierung einer Gravitationswelle stammt von der Seite "http://lisa.jpl.nasa.gov/gallery"  die schon länger nicht mehr unterstützt wird.


Allerdings sind die Wirkungen dieser ‘Störungen’ in der Struktur der Raumzeit auch bei den intensivsten Quellen ausserordentlich klein. 1987 wurde in der Grossen Magellan’schen Wolke, einer kleinen Begleitgalaxie unserer Milchstrasse, die Explosion einer Supernova beobachtet (die Explosion hat aber schon 160’000 Jahre früher stattgefunden ...). Der ‘Gravitationswellenblitz’ musste damals hundertmal so intensiv gewesen sein wie die Strahlungsleistung der Sonne auf der Erde. Dennoch hat das nur gereicht, um die Distanz Erde-Sonne um einige Atomdurchmesser grösser und kleiner werden zu lassen!

Die Längenänderungen in den viel kürzeren ‘Armen’ der existierenden Detektoren für solche Signale (300 m bei TAMA300, 600 m bei GEO600, 3 km bei VIRGO und  4 km bei LIGO) sind entsprechend kleiner. Es ist noch nicht erwiesen, dass mit diesen Anlagen überhaupt solche Effekte nachgewiesen werden können. Seit Anfang 2006 wartet man auf die ersten Signale. Dabei ist man auf die Zusammenarbeit mehrerer Detektoren angewiesen: In dem enormen Grundrauschen hat man erst dann mit einiger Sicherheit ein Signal gefunden, wenn es gleichzeitig von mehreren, weit auseinanderliegenden Detektoren registriert worden ist.

Grössere Chancen, je ein Signal zu registrieren, haben satellitengestützte Projekte wie LISA, da die Empfänger kaum mehr terrestrischen Störungen ausgesetzt sind und da die Armlängen der Detektoren Zehntausende von Kilometern betragen können. Weitere Informationen dazu finden Sie über die entsprechenden WebLinks.

Alle erdgebundenen Detektoren weisen zwei zueinander senkrecht stehende Arme auf. Gravitationswellen sind nämlich Quadrupol-Wellen: Fällt eine solche Welle senkrecht auf diese Blattebene ein, so wirkt sie auf 8 kreisförmig angeordnete frei fallende Testmassen wie oben gezeigt. Zuerst wird der Raum in einer Richtung gestaucht und in der senkrecht dazu stehenden gestreckt, dann erfolgt dasselbe mit vertauschten Richtungen. Die Metrik der Raumzeit ‘wabbert’ also ein bisschen. Das bewirkt, dass die Laufzeiten der aufgeteilten Hälften des Laserstrahls in den beiden Armen des Interferometers für eine kurze Zeit bei feststehenden Spiegeln schwanken. Daher sollten sich die beiden Teilstrahlen nach der Wiedervereinigung nicht mehr per Interferenz permanent auslöschen (so die Voreinstellung); sondern es sollte ein kurzzeitiges Aufflackern sichtbar werden.

Es ist durchaus möglich, dass morgen schon zum ersten Mal eine Gravitationswelle eindeutig und direkt nachgewiesen wird. Dazu gehört auch eine Portion Glück, Supernovaexplosionen ereignen sich nämlich auch in einer grösseren Galaxie wie der unsrigen nicht alle Tage. Die letzten beiden wurden von Tycho Brahe (1574) und Johannes Kepler (1604) entdeckt und haben der Idee der Unveränderlichkeit der Fixsternsphäre den Todesstoss versetzt.


Es gibt allerdings schon länger eine sehr präzise indirekte Bestätigung der Einstein’schen Gravitationswellen. Seit mehr als 30 Jahren wird das System  B1913+16  von den Astronomen vermessen. Zwei Neutronensterne von etwa 1.5 Sonnenmassen und einem Durchmesser von 20 km (!) umkreisen einander wie auf dem Bild auf der gegenüberliegenden Seite. Ein Umlauf dauert dabei weniger als 8 Stunden. Da dieses System Energie in Form von Gravitationswellen abstrahlt, müssen sich die beiden Komponenten immer näher kommen. Die Umlaufszeit wird dabei immer kürzer. Diese Umlaufzeit kann aber sehr genau gemessen werden, da der Radiokegel von einem der beiden die Erde bei jeder Umdrehung einmal überstreicht und er sich somit als Pulsar bemerkbar macht. Die Abnahme der Umlaufszeit von 0.000’076’5 Sekunden pro Jahr bestätigt die Prognose der ART mit einer Unsicherheit von 0.2%. 1993 haben R. Hulse und J. Taylor für die Entdeckung und die Analyse dieses Doppelpulsars den Nobelpreis für Physik erhalten.

Ganz aktuelle Ergebnisse zu diesem Thema werden in [44] vorgestellt. Das dort beschriebene System PSR J0737-3039A/B besteht aus zwei Neutronensternen, die sich beide als Pulsare bemerkbar machen und damit eine Überprüfung der Vorhersagen der ART mit einer bislang unerreichten Genauigkeit ermöglichen.